Kapitel V.1: Handlungsoptionen für die Bildungsstationen des „Lebenslangen Lernens“ - Frühkindliche Bildung und Betreuung

    Herausforderungen in der frühkindlichen Bildung und Betreuung in Offenbach

    Die gesetzlichen Verpflichtungen zum Ausbau der Kindertagesbetreuung und die spezifische Bevölkerungsstruktur prägen die Herausforderungen für Offenbach:

    • Die Betreuungsplätze im Krippenalter und in der Kindertagesbetreuung sowie die Sprachförderung bis zum Schuleintritt sind weiterhin auszubauen. In 2023 lag die Versorgungsquote für unter Dreijährige bei 89%.[1] Einzelne Stadtbezirke sind unterschiedlich gut mit Kinderbetreuungsplätzen ausgestattet. Diese Zahl ist angesichts des weiteren Bevölkerungswachstums und des steigenden Inklusionsbedarfs nicht ausreichend. Daneben soll für die Kinder ab drei Jahren bis zum Schuleintritt eine Versorgungsquote von 98% erreicht werden.[2] Im Jahr 2023 lag die gesamtstädtische Versorgungsquote für Kindergartenplätze bei 102%.[3]
    • Eine neue Herausforderung ist der Fachkräftemangel in der frühkindlichen Bildung und Betreuung. Aufgrund dessen müssen Zugänge zur Ausbildung geöffnet werden bei gleichzeitiger Qualitätssicherung der Ausbildung.


    Handlungsoptionen für Offenbach

    • Viele Einrichtungen frühkindlicher Bildung weisen ein hohes Maß sozialer und herkunftssprachlicher Segregation[4] auf, was den Spracherwerb erschwert. Armutslage und Wirkungen der Pandemie machen es notwendig, entsprechende Angebote auszuweiten:
      • Unabhängig vom Kriterium des Migrationshintergrunds weisen viele Kinder aus armutsgefährdeten Familien Defizite in der Sprachentwicklung auf, die eine gezielte Sprachförderung notwendig machen.
      • Dazu kommt: Die Pandemie hat zu verzögerten kognitiven Entwicklungen und zu Defiziten in sozialen Kompetenzen (bspw. Sozialverhalten, Konfliktbewältigung) geführt und Aufholbedarf in der Sprachentwicklung geschaffen.
    • Der Fokus der Sprachförderung liegt auf der alltagsintegrierten Förderung in den Kitas mit einer Konzentration auf die spätere Unterrichtssprache Deutsch und auf der Qualifizierung der Beschäftigten für diese Aufgaben.
    • Eine Sprachförderung sollte so früh wie möglich einsetzen. Ein möglichst frühes Screening (aller Kinder) mit anschließender Diagnostik (bei Auffälligkeiten) ist hierbei entscheidend. Daran knüpft die frühe Förderung an. Diese sollte im Elementarbereich besonders intensiv betrieben werden.[5]
    • Die Pandemie hat sichtbar gemacht, wie wichtig es ist, die Resilienz und Krisenkompetenz von Kindern, Eltern und Kita-Fachkräften pädagogisch zu fördern.
    • Um die gleichen Bildungschancen aller Kinder in Offenbach sicherzustellen:
      • Sollen die Sprachförderangebote, wie im Rahmen des Bundesprogrammes „Sprach-Kitas“, aufrechterhalten werden.
      • Sollen vergleichbare Rahmenbedingungen für die pädagogische Qualität der Betreuung in den Kitas freier Träger und für die Qualifikation des dort eingesetzten Personals geschaffen werden.
      • Soll die trägerübergreifende Zusammenarbeit zur Qualitätsentwicklung und pädagogischen Fachberatung weitergeführt werden.
    • In den Einrichtungen der Elementarbildung sollte die frühe Förderung der mathematisch-naturwissenschaftlichen, musischen und kreativen Fähigkeiten einen hohen Stellenwert genießen. Kooperationen sind (wieder) aufzunehmen und zu intensivieren.

    • Ein gemeinsames musisch-kulturelles Curriculum sollte von der Musikschule, der Jugendkunstschule und der Stadtbibliothek entwickelt und in den Regelbetrieb der Kitas integriert werden. Es sollte allen Kindern, unabhängig vom wirtschaftlichen Hintergrund, zugänglich gemacht werden. Die Finanzierung dieser Angebote muss sichergestellt werden.

    • Die Erziehungsräume und Verantwortlichkeiten von Eltern, Kindertagesstätten und Schulen sollen geklärt und vermittelt werden. Niedrigschwellige Angebote und Wertschätzung können dabei Zugänge und Vertrauen schaffen. Die Eltern werden in ihrer (neuen) Rolle gestärkt, um diese kompetent zu gestalten.

    • Um den Übergang von der Kita zur Grundschule für die Kinder zu erleichtern, sollte die Kommunikation zwischen den beiden pädagogischen Institutionen verbessert werden. Die Begleitung des Übergangs soll durch ein gemeinsames Vorgehen mit dem Stadtgesundheitsamt verstärkt werden.
    • In Zukunft sind besonders folgende Themen in den Mittelpunkt der pädagogischen Tätigkeiten zu setzen: Inklusion, Digitalisierung, Bewegungsmangel, Gesundheit und Kinderarmut.


    Potenzialorientierte Förderung in der frühkindlichen Bildung und Betreuung

    In der frühkindlichen Bildung und Betreuung liegt ein enormes Potenzial, die Stärken und Talente jedes Kindes zu entdecken und zu fördern. Es ist entscheidend, dass Fachkräfte den Fokus auf die individuellen Fähigkeiten der Kinder legen können und diese gezielt unterstützen. Dabei spielt eine beziehungsorientierte Förderung eine wesentliche Rolle. Eine starke Beziehung zwischen Fachkräften in den Kitas und Kindern, geprägt durch Schlüsselpersonen und -erlebnisse, kann das Vertrauen und die Selbstwirksamkeit der Kinder nachhaltig stärken.

    Durch ein gemeinsames Curriculum in den Einrichtungen, das musische, kulturelle und kreative Angebote umfasst, erhalten alle Kinder unabhängig von ihrem wirtschaftlichen Hintergrund Zugangsmöglichkeiten. Niedrigschwellige Angebote stellen sicher, dass diese Angebote für alle Kinder leicht zugänglich sind und deren Potenziale optimal gefördert werden.

    Zusätzlich ist es wichtig, den Kindern Raum und Ressourcen zur Verfügung zu stellen, in denen sie ihre Kompetenzen erleben und entfalten können. Auch kleinere Verantwortungsbereiche innerhalb der Einrichtungen können ihr Selbstvertrauen und ihre Fähigkeiten stärken.

    Vielfalt und Diversität sind zentrale Aspekte der frühkindlichen Bildung. Es gilt, die verschiedenen Hintergründe der Kinder und ihrer Familien anzuerkennen und wertzuschätzen. Systematische Beobachtungen und Dokumentationen in den Kitas sollten durch einen Fokus auf die individuellen Stärken der Kinder ersetzt oder ergänzt werden. Dies erst ermöglicht eine gezielte Förderung, die sich an den Bedürfnissen und Potenzialen jedes einzelnen Kindes orientiert.

    Eine enge Zusammenarbeit zwischen Kitas, Grundschulen und dem Stadtgesundheitsamt schafft ein starkes Netzwerk, das die Kinder auf ihrem (frühen) Bildungsweg begleitet und unterstützt. Die Stadt Offenbach und ihre Fachkräfte möchten eine inspirierende und fördernde Umgebung schaffen, in der jedes Kind die Möglichkeit hat, seine Träume zu verwirklichen und sein volles Potenzial zu entfalten.


    [1] Gemäß Stadtverordnetenbeschluss DS-I(A)0115 vom 8.12.2011 sollen im Krippenbereich für 45% der unter Dreijährigen Plätze zur Verfügung stehen. Dieses Ziel wird im Dezember 2023 zu 89% erfüllt, vgl. Erziehungs- und Bildungsbericht Offenbach (EBO) 2024.

    [2] Stadtverordnetenbeschluss DS-I(A)0115 vom 8.12.2011.

    [3] Vgl. EBO 2024.

    [4] Vgl. Kiziak, T., Kreuter, V., Klingholz, R. (2012): Dem Nachwuchs eine Sprache geben. Was frühkindliche Sprachförderung leisten kann, Discussion Paper 6, Berlin Institut, S. 7 und 20.

    [5]Vgl. die Beiträge von Tracy, R., Schulz, P., Voet, C. (2018): Sprachstandsfeststellung im Elementarbereich, S. 101–116 sowie Geyer, S., Schwarze, R., Müller, A. (2018): Sprachförderung im Elementarbereich, S. 161-178, beide in: Titz, C., Geyer, S., Ropeter, A., Wagner, H., Weber, S., Hasselhorn, M. (Hrsg.): Konzepte zur Sprach- und Schriftsprachförderung entwickeln. Stuttgart: Kohlhammer.

    Aktuelle Beiträge
    Lädt Beiträge werden geladen...

    zurück zur Übersicht